Das letzte mal, dass ich die Phrase "außerhalb des gewöhnlichen" in meinen Mund nehmen musste, um einen Manga beschreiben zu können war wohl beim Lesen des sehr obskuren Dorohedoro. In eine recht ähnliche Richtung marschiert nämlich auch Fire Punch mit einer äußerst detailreichen, post-apokalyptischen Welt mit skurrilen Charakteren und bewusst sehr anzüglichen Situationen mit denen es versucht die Aufmerksamkeit des Lesers einzufangen. In diesem Manga gibt es keine Gnade für schwache Nerven.
Und in diesem Punkt schreckt Fire Punch vor absolut nichts und niemandem zurück. Der Manga fackelt regelrecht nicht lange rum und startet mit einer Shocker-Szene, die zur nächsten führt und sich in einer Kette von Shockern aneinanderreiht, ohne Zwischenhaltestellen wird der Zug mit vollgas voraus in die schwer zu beschreibende Welt von Fire Punch losgeschickt.
Die Geschichte verfolgt den Hauptcharakter von seiner Kindheit an und führt ihn auf eine äußerst unbequemliche Reise als ein auf Ewigkeit bei lebendigem Leibe verbrennender Mann.
Er ist nämlich einer der zufällig erwählten, speziellen Personen, welche aus irgendeinem unbekannten Grund Superkräfte erhalten haben. Glückwunsch, Herr Protagonist!
Da jahrelanges verschmoren den Hauptcharakter regelrecht in den Wahnsinn getrieben hat, zieht er mit recht simplen Motivationen und Gedankengängen durch die Gegend. Währenddessen bekommt der Leser einblick in die detailreich gestrickte Welt nach der Apokalypse, welche von einem der Superkräfte-begünsteten, der sogenannten Eishexe, eingeleutet wurde. Die Charaktere in dieser Welt werden in ihren schlimmsten Zügen dargestellt, ob brutal oder selbstsüchtig, der Manga schiebt keinen Riegel davor den Menschen in seinen schlimmsten Zügen zu zeigen. Die Szenen mit denen Fire Punch arbeitet sind so krass dargestellt, dass sie teilweise bewusst komedische Züge in Form von Schwarzem Humor annehmen.
Der Manga schafft es trotz der grimmen Darstellungen der Welt aber sehr sympathische Charaktere hervorzubringen, die den typischen Storyverlauf stark aus jeglichen Situationen, die Clichés riskieren würden, herauszuziehen und in reizvolle, neuartige Richtungen zu drängen.
So kommt beispielsweise eine sehr persönlichkeitsstarke Frau in den main cast im Verlauf der Geschichte hinzu, die dem Hauptcharakter vollkommen die Show stiehlt und seinen Rachefeldzug, genau wie die düstere, grotesque Welt um sie herum auf völlig kalte Weise gar ins absolut lächerliche zieht.
Die Geschichte bleibt also stets angesiedelt in einer düsteren post-apokalyptischen Welt, schreckt aber auch nicht davor zurück Witze auf kosten der Toten oder ähnlichem zu machen und Charaktere zu zeigen, die sich bereits vollkommen an diese Welt adaptiert haben, statt an ihr zu verzweifeln und zugrunde zu gehen.
Der Hauptkritikpunkt, den man bei Fire Punch sicherlich anbringen könnte wäre dem Manga Provokation/Ködern von Lesern durch übermäßiges Drama und übertriebene Szenen vorzuwerfen. Dabei würde man allerdings die liebevoll gestaltete Welt und deren Charaktere, sowie die guten Qualitäten des Humors und des Grotesquen, die ihren eigenen Charm mitbringen, völlig außer acht lassen.
Fire Punch liefert an Seinenliebhaber die volle Kost und distanziert sich dabei klar von stereotypischen Kritikpunkten der heutigen Anime-Industrie a la "Moe", "Edge" und ähnlichem. Fire Punch liefert action ohne es dabei wie andere Shonen nötig zu haben voll Super Saiyajin Mode zu gehen und das Prinzip von "Freundschaft siegt" an jeder Ecke anzuwenden.
Kein Fokus auf Fanservice, kein Bullshit, nur ein knallhartes Setting mit einer lockeren Geschichte und interessanten Verlaufsrichtungen. Alles eingepackt in einem äußerst makabren Stil. Das ist Fire Punch.