Solanin (2005)

Zwischen Jugend und Erwachsensein; zwischen Lebenstraum und Pragmatismus. Solanin, ein Manga über junge Erwachsene an einem Scheidepunkt ihres Lebens.


Wenn ich jetzt schreibe, dass Solanin von der Ziellosigkeit und den oft unerfüllten Träumen von jungen Erwachsenen handelt, und diese Worte kommen manchen Lesern hier bekannt vor, dann müssen sich diese nicht den Kopf darüber zermartern, ob es nun ein Déjà-vu oder eine echte Erinnerung ist: Es ist schlicht eine grundlegende Beschreibung der Manga von Asano Inio. Sei es What a Wonderful World! oder Oyasumi Punpun, diese Thematik kehrt eigentlich in allen seiner mir bekannten Werke wieder. Man könnte ihm jetzt Einfallslosigkeit unterstellen, doch wäre das geradezu lächerlich, betrachtet man mit welchem Talent er diese Inhalte in seinen Mangas umsetzt und wie er immer wieder neue Aspekte darin beleuchtet.

Einer dieser besonderen Aspekte in Solanin ist das Beziehungsleben. Jenes von Meiko und Taneda liegt fernab der rosaroten Welt von Frischverliebten. Man ist seit Langem ein Paar und entsprechend hoch sind die Routine und die Unaufgeregtheit in der Beziehung. Man mag sich, liebt sich, aber die Zeit der stürmischen, unreflektierten Liebe ist vorbei und im Angesicht des mitunter lähmenden Alltags und der ungewissen Zukunft, beginnt man die Situation nüchtern und kritisch zu betrachten. Vorstellungen, Wünsche und Träume werden in Frage gestellt und in der Folge greift die Ungewissheit auch auf die Beziehungsebene über.

Soviel zu einem der Aspekte von Solanin, denn auf den anderen Hauptaspekt kann ich aus spoiltertechnischen Gründen nicht eingehen. Was einem präsentiert wird ist wieder ein realitätsnaher Manga, der das Spektrum menschlicher Emotionen, Stärken und Schwächen einzufangen weiß und der wieder ein Licht auf die Ungewissheit und die Zukunftssorgen von Leuten auf der Schwelle zum wirklichen Erwachsensein wirft. In ausdrucksstarken Bildern und in feinsinnigen Dialogen vermittelt Asano Inio abermals wie kein Zweiter das Gefühlsleben dieser Gesellschaftsgruppe und festigt bei mir damit seinen Status als einer der besten Mangaka dieser Zeit.

Inio Asano beweist mal wieder mit sein Werk das er zu einen der ganz großen Poeten unsere Zeit gehört und dabei hat er kein leichtes Medium für seiner Poesie ausgesucht, denn während das Medium Manga nach wie vor im Westen belächelt wird, ist Solanin wieder ein Beweis das man ein Buch nicht nach sein Cover urteilen sollte.

Kaum ein anderer Mangaka unserer Zeit schafft es so sehr die Jugend und ihre Probleme zu verstehen und spricht so sehr mit sein Bildern und Texten, wie es Inio Asano tut. Nach wie vor kann ich auch seine Erzählweise und sein Charakterdesign loben, welches eine unheimliche starke aber auch düstere und verstörende Atmosphäre schafft.

Der Manga handelt vom Leben der Beziehung in ihren Routinen. Weit entfernt davon frisch verliebt zu sein, ist die Realität kein trockenes Brot für Meiko und Taneda. Irgendwann kommt der Punkt, wo man viele Dinge kritisch gegenüber steht und die stürmische Liebe tritt in den Hintergrund, man stellt seine eigenen Wünsche, Träume und Vorstellung von sich und des Partners in Frage. Solanin handelt um die Angst vor dem Leben, aber auch von seiner Freude daran. Asano paart dieses schweres Thema mit Mut, Freundschaft und erweckt somit eine eigene und vor allem neue Art von Mensch sein, weit ab von der Norm, und schafft hier ein leises, unaufdringliches, augenscheinlich ganz unspektakulär aber Rückblickend betrachte ganz ganz großes Werk.