Henneko! Ein Anime, der eher unscheinbar jenseits der vierstelligen Ränge herumdümpelt und von vielen sicher als Standard-Harem-RomCom abgetan wird. In Deutschland ist er nie erschienen und wird dies in absehbarer Zeit wohl auch nicht. Warum ich ihm trotzdem fünf Sterne gegeben habe und als ein kleines, verkanntes Juwel betrachte? Also...
Story
Gut, ich gebe zu: Vermutlich hat mich der Anime deswegen so weggeblasen, weil ich keine Erwartungen hatte. Wer hätte die auch bei Tags wie "Harem", "Ecchi" und "Komödie". Wenn man den Anime beginnt, wird einem auch genau das Bestellte aufgetischt. Ein Standard-Hochschüler, der mit seinen Aktionen und in seiner Charaktertiefe zunächst an Issei-kun aus Highschool DxD erinnert? Die erste Folge ist auch dementsprechend Ecchi- und Slice-of-life-geprägt, allerdings mit einer gehörigen Portion Peniswitzen. Wer über sowas lachen kann (wie ich), der denkt sich: Cool, ne süße Serie für zwischendurch.
Pustekuchen.
Im Laufe der Episoden entwickelt sich eine Geschichte, die immer abgedrehter und übernatürlicher wird. Um nicht spoilern zu müssen, kann ich zum genauen Verlauf dessen nicht viel erzählen. Doch die erzählerische Kunst, mit der die Mystery-Elemente in die Geschichte verwoben sind, ist auf sehr hohem Niveau. Denn obwohl Henneko sich selbst nicht ernst nimmt und die Peniswitze auch in späteren Folgen nicht verschwinden, merkt man schnell, dass hier eigentlich eine andere Geschichte erzählt wird als die eines perversen Hochschülers und seines Harem. Minor spoiler:
Es geht um Liebe, Familie, Machtlosigkeit angesichts äußerer Umstände, die Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit und am wichtigsten: Es geht darum, wie man sich in der Gesellschaft verhalten soll. Yokodera, der viel zu verschlossen ist, und Tsukiko, die viel zu offen ist, erfahren gemeinsam, was sie eigentlich der Welt preisgeben wollen und können. Insofern ist Henneko also eine Coming-of-age-Story, die auch mit Dramaelementen arbeitet und damit dem Zuschauer (meiner Meinung nach sehr gelungen) zeigt, was es eigentlich heißt, anders als andere zu sein und sich damit abfinden zu müssen. Das alles tut sie mit einem selbstironischen Augenzwinkern.
Atmosphäre
Nach einem relativ slice-of-life-lastigen Anfang merkt man schnell, dass die Atmosphäre sich ändert. Im Laufe der Folgen werden neben dem leichten Moe-Zauber auch ernsthaftere Szenen gezeigt. Insbesondere wenn es um die übernatürlichen Phänomene der Serie geht, macht Henneko eine gute Figur, da die geheimnisvolle und leicht bedrohliche Mystery gut eingebunden ist. Wer es allerdings nicht gern hat, zwischen Comedy/Ecchi und ernsten Szenen desöfteren zu springen, wird hier vermutlich den größten Kritikpunkt finden. Mir jedoch gefiel dieses Wechselbad der Gefühle sehr gut, da es sinnvoll eingebunden war.
Charaktere
Die Charaktere sind für mich immer ein besonders wichtiger Punkt, da sie meine Meinung über einen Anime komplett ändern können. Und ich muss sagen: Ich liebe die Charaktere von Henneko. Insbesondere Tsukiko ist wegen der Abwesenheit ihrer Mimik unverhersehbar und dabei gleichzeitig der Inbegriff von Moe. Dadurch, dass ihre Seiyuu einen wunderbaren Job gemacht hat, wirkt der Charakter dennoch glaubhaft. Allein ihre relativ einseitigen Wortgefechte mit Yokodera wären für mich Grund genug gewesen, den Anime zu schauen. Insgesamt ist die Idee, einen Charakter trotz innerer Emotionen keine Mimik zeigen zu lassen, unverbraucht und wirklich gut ausgeführt. Auch Yokodera entwickelt sich schließlich zu einem liebenswerten Charakter. Und hier auch schon eine große Stärke von Henneko, die ich bei vielen anderen Anime kritisiere: Die Charaktere entwickeln sich tatsächlich weiter. Einzig Tsukikos Schwester war storytechnisch Geschmackssache.
Zeichenstil und Animation
Die Animation von Henneko ist auf einem guten Slice-of-Life-Niveau. Der Zeichenstil hingegen ist meiner Meinung nach sehr schön und damals Hauptgrund, warum mir der Anime ins Auge gefallen ist. Besonders die Augen der Charaktere haben einen hohen Wiedererkennungswert und tragen maßgeblich zum Stil bei. Deswegen bekommt der Anime hier meine subjektiven 4 Sterne, auch wenn die Animation eher im guten Mittelfeld angesiedelt ist.
Sound
Der OST von Henneko ist genau wie seine Serie. Opening und Ending sind beide gewollt kitschig und übertrieben, aber witzig und einprägsam. Der restliche Soundtrack passt jedoch ganz wunderbar zur Serie. Und wer mir nicht glaubt, dass Henneko auch Drama kann, der möge sich das hier anhören.
Fazit
Für mich ist Henneko die größte Überraschung, die ich bei Anime erfahren konnte. Sicherlich ist der Humor speziell und die Art der Erzählung nicht für jeden, aber im Gesamtpaket konnte mich Henneko völlig überzeugen. Und Entwarnung bezüglich des Endes kann ich geben: Trotz der relativ vollen Handlung finden die 12 Folgen einen guten Abschluss. Ich habe mich nach dem ersten Schauen von Henneko einfach glücklich gefühlt. Daher: Uneingeschränkte Empfehlung!