Wenn man »
Mushishi« gesehen hat und dieser in der persönlichen Anime-Liste einen Platz im oberen Zwanzigstel belegt, hat man es nicht leicht. Es dürstet einem nach mehr – zuerst nach allen möglichen Fortsetzungen und TV-Specials, dann nach ähnlichen Werken. Spoileralarm: An »
Mushishi« kommt nichts ran und schon gar nicht vorbei. Das Leben kann so grausam sein. Aber (!) … es gibt Hoffnung, und diese stirbt bekanntlich zuletzt. Keine Hoffnung auf etwas Besseres als »
Mushishi«, denn – *
die Wahrheit realisierend ein kurzes, emotionsloses Lachen ausstoßen tu* – so etwas existiert nicht. Stattdessen muss man sich mit Ersatzdrogen zufrieden geben; Ersatzdrogen wie »
Kai Byoui Ramune«.
Genauso wie beim ruhigen, nachdenklichen und qualitativ höchstwertigen »
Mushishi« gibt es auch hier seltsames, übernatürliches Gewusel, das einen unschönen, ungewollten Effekt auf Menschen hat – natürlich immer ein anderer Effekt, sonst wär’s ja langweilig. Die am ehesten als Geister bezeichneten
Kai lösen vor allem körperliche Veränderungen aus. Diese Veränderungen, die auch als »mysteriöse Krankheiten« bezeichnet werden, sind eher auf der kulinarischen* Seite angesiedelt, so verwandelt sich beispielsweise der Penis eines
Mannes in eine Fischpastete. Protagonist
Ramune ist ein Spezialist in solchen Dingen – in mysteriösen Krankheiten, nicht in Penissen – und behandelt seine Patienten mithilfe von »mysteriösen Items«, einer Packung Menschenkenntnis sowie der Durchforstung der Lebensumstände seiner Patienten, denn wie zu erwarten liegt dort des Problems Lösung, da der Ursprung der Krankheiten zumeist in psychischem Stress liegt.
*Ramune? Ist das der Grund dafür, dass dieser Anime so heißt? Der Protagonist ist etwas bubbly, aber sonst …?Das war’s dann auch schon mit »
Mushishi«-ähnlichen Storyelementen. Die Verwirklichung dieser Storyelemente geht in eine etwas komödiantischere Richtung, was man schon anhand des
Covers erkennt. Was möchte uns dieses Cover sagen? Ein Gebetsperlen tragender Blondi, ein
Torii im Hintergrund, ein Schürze tragender Nebencharakter, ganz viele leuchtende Regenbogenfarben … Die Auswahl dieses wenig aussagekräftigen und einhörnig-fröhlichen Covers scheint wohl einen nicht unwesentlich Teil dazu beigetragen zu haben, dass nur so wenige User diesen eigentlich ganz ansprechenden Anime auf ihrem Radar haben/hatten. Dennoch kann man sich dadurch
irgendwie darauf einstellen, dass der Anime bunt werden könnte. Und das tut er auch, insbesondere bei der Geschichte des exzentrischen
Shun Aona, der in seiner ganz
eigenen Welt zu leben scheint.
Wie bei einem solchen Format zu erwarten ist, besitzt der Anime einen episodischen Aufbau. Inmitten der hier erzählten Geschichten ist ein roter Faden, der gewisse Elemente miteinander vereint und diese dann in eine bestimmte Richtung führt, so gut wie nicht auszumachen – bestenfalls durch leichte Anzeichen einer Charakterentwicklung. So kommt es in der zweiten Hälfte zu einem kleinen Drama Ramune betreffend, der sonst so abgeklärt, wenn auch wie das
Comic Relief seines eigenen, nach ihm benannten Animes wirkt.
Ramune dreht seinen Patienten zwar immer wieder seine originellen mysteriösen Items an, hat aber immer einen bestimmten Plan im Hinterkopf, denn jeder Patient muss selbst erkennen, was der Grund für seine Erkrankung ist. Selbstreflexion und anschließende Eigeninitiative – das ist die wahre Medizin, um sich der Kai zu entledigen. Neben Ramune wirkt hauptsächlich Ramunes Assistent
Kuro bei der Behandlung der Patienten mit. Er agiert weitaus öfter mit den Patienten. Er kann ihnen im Gegensatz zu Ramune zwar keine aktive Hilfe anbieten, lässt sie jedoch den wahren Grund ihrer Erkrankung erkennen. Er mag im ersten Moment vielleicht etwas emotionslos wirken, blüht jedoch gegen Ende, wenn man ihm eine Doppelfolge spendiert, so richtig auf. Er ist der nötige ruhige und bodenständige Gegenpart zu dem lauten Spaßvogel Ramune, der trotz seines guten Herzens Anflüge von aufgesetztem übermäßigen Selbstvertrauen besitzt.
Etwas professionellere Hilfe bekommt Ramune von
Ayame und
Nico, den Besitzern des Ladens »Akatsuki«, aus dem die ganzen schicken mysteriösen Items stammen, beispielsweise das
Papierauge, das
Penis umwickelnde Tuch**, die
Spitze eines breitblättrigen Rohrkolbens , die
Nachflüsterperlen oder der
mysteriöse Geldbeutel. Ayame und Nico sorgen auch für etwas Abwechslung, genauso wie die Geschichte eines
Einbrechers, der ein mysteriöses Item für kriminelle Zwecke verwendet, oder das unerwartete Auftauchen von Ramunes ehemaligen Meister
Momiji, der eine sadistische Ader zu besitzen scheint, sieht man sich den vor Angst zitternden Ramune an.
**kein offizieller NameDie mysteriösen Krankheiten haben wie gesagt vorwiegend etwas mit Essen zu tun – ein Konzept, das womöglich kein Konzept sein könnte, nimmt man den
Manga zur Hand. Dort wurde beispielsweise die Komparsin
Yumi ebenfalls von einer dieser Krankheiten befallen und hat
Geta-Füße bekommen. Doch auch im Anime tritt ein kalorienarmer Fall ein, wenn die Vergangenheit von Kuro, der schwarzen Sand erbrochen hat, ergründet wird.
Wem »
Mushishi« zu ruhig ist und wer ähnliche Geistergeschichten mit einer angenehmen Mischung aus Comedy und Drama sucht, wie sie es beispielsweise bei »
Natsume Yuujinchou« gibt, der könnte hier fündig werden. Romance gibt es hier übrigens keine. Aber ich bin mir sicher, dass die Episode mit dem Fischpasteten-Penis eine neue Inspirationsquelle für den einen oder anderen Hentai-Produzenten sein könnte …
Comentario ha sido cambiado por último a las 18.02.2022 06:12.